• Drucken

4 - Vorbereitung

Mein Weg nach Sparta 2013…

Nürnberg – Kienbaum – Bitterfeld – Eisenach-Schmiedefeld – Frohnau – Kladno – Blankenstein-Hörschel

Natürlich bedurfte das Abenteuer Spartathlon einer langfristigen und umfangreicheren läuferischen Vorbereitung, wobei mir dabei zweifellos meine bisherigen Erfahrungen im Ultrabereich zu Gute kamen. Nachdem die immer wieder selbst angezweifelte Entscheidung zur Teilnahme fest stand, änderte ich allmählich Ausrichtung und Inhalte des Trainings in Richtung längere Einheiten, nachdem im Winter zunächst auch recht „schnelle“ Läufe auf dem Programm gestanden hatten.

Der unvoreingenommene, aber marathonerfahrene Beobachter möchte beim Ultratraining unvorstellbare Umfänge annehmen, wenn er die 100-150 Wochen-Kilometer, welche ein ambitionierter Marathonläufer absolviert, hochrechnet. Das ist mitnichten so und auch weder zeitlich noch von der orthopädischen Belastung her machbar. Für die langen Einheiten trifft das schon eher zu. Quält sich hier der „Marathoni“ bis 35 km, sind es beim Ultraläufer schon einmal >60 km, wobei bisweilen auch sogenannte „Doppeldecker“ an Wochenenden praktiziert werden, also 2 lange Einheiten, wie je 40 und 50 Kilometer an aufeinanderfolgenden Tagen. Ich hatte selten Lust , in heimischen Gefilden länger als 50 km unterwegs zu sein und nutzte daher die Möglichkeit zu zahlreichen Trainingswettkämpfen (insgesamt ca. 790 km). Dabei muss man schon die Hauptziele im Auge behalten; zu ambitioniertes Laufen ist kontraproduktiv und auch die richtigen – sehr individuellen Abstände zwischen den Wettkämpfen – sind der Erholung wegen einzuhalten.

Begonnen habe ich mit einem 6-h-Lauf am 16.3. in Nürnberg als Vorbereitung für den ersten Saisonhöhepunkt in Kienbaum bei den Deutschen Meisterschaften über 100 km einen Monat später. Bei Temperaturen knapp über null Grad und Sonnenschein ging es um 6.00 Uhr auf den 1,5-km-Rundkurs der Parkanlage. Ziel waren stabile Km-Zeiten unter 5 Minuten, wobei wenigstens 72, besser 75 Kilometer erreicht werden sollten. Für eine Zeit um 8 h über 100 km wären schon 77-78 km vonnöten gewesen. Zwischen 60 und 70 km musste ich Federn lassen, kam dann jedoch noch einmal auf und erreichte knapp 73 km – persönliche Bestleistung, da es mein erster Wettkampf in dieser Kategorie war!

Für die DM über 100 km in Kienbaum am 13.4. hatte ich mir schon einiges vorgenommen – die Uraltbestleistung von Biel 1999 (8:52 h) sollte fallen; und wenn möglich wollte ich dabei recht nahe an die 8-h-Marke kommen. Zunächst ging das sehr gut. Ich lief ambitioniert, aber m.E. nicht zu schnell los: nach 50 km 3:52 h, das machte Mut. Leider ereilten mich ab hier bis ins Ziel nichtenden-wollende Muskelkrämpfe in beiden Oberschenken und so konnte ich nicht klären, ob sich das forsche Anfangstempo in der zweiten Hälfte doch noch gerächt hätte. Wahrscheinlich war ich mental zu verkrampft und der Magnesiumspiegel vor dem Lauf wird auch nicht gestimmt haben – wichtige Lehren für die Zukunft! Trotzdem brachte ich das Rennen unter großen Qualen noch zu Ende, worüber ich mich freute – ebenfalls eine ganz wichtige Erfahrung auf dem Weg nach Sparta. (Link zum Artikel im LAV-Archiv)

Als nächstes startete ich am 6.5. beim Goitzschemarathon. Holger hatte mich erst am Vortag nachgemeldet. Ich wollte schauen, was auf der „Unterdistanz“ ohne spezielles Marathontraining möglich war. Angepeilt war eine Zeit unter vier Stunden, im Idealfalle rechnete ich mit 2:52 h. Die Witterung am Ende des Wettkampfes mit großer Wärme gegen Mittag und meine Schwäche auf den letzten 9 km ließen das am Ende nicht zu. Allerdings konnte ich zwischen 15 und 25 km das Tempo auf unter 4 min/km verschärfen, eine völlig neue Variante, welche auch die Beine schön lockerte. Nachdem die vor mir Laufenden bei Kilometer 31 und 33 schwächelten, brachte mir mehr Glück als Verstand sogar den Gesamtsieg mit einer unterdurchschnittlichen Zeit - der schlechtesten Siegerzeit , welche hier jemals erreicht wurde.

Das Treppchen nach dem Goitzsche-Marathon

Beim Rennsteigsupermarathon über 72,7 km am 25.5. wollte ich eigentlich etwas mehr erreichen. 6:15 h schienen mir bei den guten äußeren Bedingungen auch möglich zu sein. Ein vielleicht zu kraftraubender erster Abschnitt und die rechte Hüfte, welche sich nach dem Goitzsche-Marathon immer einmal wieder gemeldet hatte und mich auch am Rennsteig zwischen 35 und 50 km immer wieder zwickte, verhinderten dies. Positiv empfand ich, dass ich mich ab Kilometer 54 wieder fangen und freudig und entspannt über die Ziellinie laufen konnte. (Link zum Rennsteiglauf im LAV-Archiv)

Nun standen als weitere Steigerung und nach Absage des Dreifachmarathons auf den Himmelswegen die 12 Stunden von Frohnau am 15./16.6. an. Psychologisch günstig war, dass mein erster und bis dato letzter Lauf über diese Zeit bereits 12 Jahre zurücklag und ich mir so eine neue Bestleistung erhoffen konnte. Schwierig stellte ich mir die Startzeit am Sonnabendabend um 22.00 Uhr vor, was sich auch bewahrheitete. Es war ein fortwährender Kampf gegen die Müdigkeit, irgendwie schleppte ich mich ziemlich kraftlos über die nicht einfach zu laufende 1,5 km-Runde durch die Nacht. Positiv: ich blieb auf der Strecke und auch die Standpausen am Verpflegungspunkt blieben überschaubar. Sehr motivierend: Natalia Gamm-Fuchs, Siegerin über 6 h,  beim unermüdlichen Entzünden von Teelichtern zum Illunminieren der Strecke. Am Ende konnte ich wieder zulegen, spürte nun aber deutlich meine Hüftprobleme bis in die Leiste hinein – 121,3 km lautete das Ergebnis.

Frohnaturen in Frohnau

Die Zeit verging wie im Fluge und der Spartathlon rückte unerbittlich näher. Da musste im Vorfeld wenigstens ein 24-h-Lauf her. Für Reichenbach war ich noch nicht bereit, da kam mir der Termin in Kladno am 27./28.7. – gleichzeitig Tschechische Meisterschaften über 24 h – sehr gelegen. Es ging auf einer 1 km-Runde durch den örtlichen Sportpark. Am Wettkampftag war ich doch recht erschüttert, aber im Nachhinein erwies es sich als gut, dass es das wohl wärmste Wochenende des Jahres war. Es wurden teils 38-40°C im Schatten gemessen, also eine gute Simulierung der griechischen Verhältnisse! Wenigstens verlief der Kurs zu 90% im Schatten, die kurze Runde erwies sich als günstig zur kontinuierlichen Getränkezufuhr, zum Mitnehmen von Eisbeuteln und zum Durchlaufen einer Dusche. Ich lernte viel über den Umgang mit Hitze. Nachts machte sich die fortwährende Überlastung des Magen-Darm-Traktes aufgrund der steten Getränkezufuhr bemerkbar, mir war doch ziemlich übel. Panik kam nicht auf, aber ich schleppte mich auf ein paar Holzkisten im Pavillon und ruhte dort ca. 1 Stunde. Und tatsächlich konnte ich mich danach vorsichtig fortbewegen und lernte so die Vorzüge eines erholsamen Geh-Lauf-Rhythmus kennen. Zum Ende erstarkte ich erneut, konnte Boden gutmachen und mit 195,4 km in den Bereich meiner Bestleistung vorstoßen, den 4. Gesamtplatz belegen – mit anderer Nationalität wäre damit sogar die Bronzemedaille bei den Titelkämpfen im Nachbarland herausgesprungen…Wichtigste Erkenntnis: Auch Hitze ist zu managen und Ultras sind so lang, dass Probleme auch wieder gehen können, da der Organismus sich noch während des Wettkampfes regenerieren kann!

Kladno, mit Schwarz durch die Hitze

Als letztes Glied in der unmittelbaren Vorbereitung des Spartathlons hatte ich mir schon im Mai den Rennsteig-Nonstop am 30./31.8. von Blankenstein nach Hörschel ausgesucht, endlich wieder ein Landschaftslauf mit Punkt-zu-Punkt-Kurs. Dazu  könnt ihr im Archiv des LAV noch einmal nachlesen.

Auch hier erwies sich das beständige Meistern von Problemen als entscheidend, es lief keineswegs reibungslos ab. Dazu kam das erneute Erproben der Nachttauglichkeit. Zudem waren bei Orientierung und Wegeführung doch etwas mehr mentale Stärke und Frusttoleranz als gewöhnlich erforderlich.

Überhaupt spielen mentale Faktoren bei Langzeitbelastungen eine mitentscheidende Rolle. Gut hat das meiner Ansicht nach Jens Lukas, dreifacher Spartathlonsieger, in seinem Artikel geschildert (externer Link).

Siebzehn Stunden nach dem Einlauf in Hörschel testete ich beim Mitteldeutschen Marathon  am 1.9. dann, wie ich eine erneute Belastung nach kaum erfolgter Erholung verkraften würde – das Experiment gelang (Marathon in 4:15 h).

Und da ich es schon lange den Dresdner Archäologiekollegen versprochen hatte, gönnte ich mir am 15.9. in Eibenstock als kleine kurze Abwechslung den Sächsischen Behördenhalbmarathon (Bericht auf der Landesamts-Seite).

Neben diesen Testwettkämpfen gab es in der Vorbereitung eine Reihe besonderer Trainingseinheiten, welche mir im Gedächtnis geblieben sind und die ich hier nur anektodisch anfügen möchte:

  • Bereits im Januar ging es mit Frank Berger, Holger Stoek und Christoph Franzke bei Minusgraden und nassem Untergrund von Heldrungen nach Großheringen über ca. 50 km;
  • Aus Sturheit über den gescheiterten Zugläufer-Start in Bad Füssingen absolvierte ich Anfang  Februar einen zügigen Trainingsmarathon auf der 1100m-Waldkater-Asphalt Runde in etwa 3:10 h;
  • Eine weitere Einheit führte das Team Berger-Franzke-Neubert wenige Wochen später am Großkaynaer See über 51 km;
  • Meine Stadtrunde über 10,5 km durchlief ich im März sechs Mal am Stück, um auf eine lange Einheit von 65 km zu kommen;
  • Bei einem Besuch im Böhmerwald lief ich nach der Anreise aus Halle und Prag von Susice am Fuße des Gebirges in Dämmerung und Nacht die ca. 35 km ins 1000m hoch gelegene Modrava mit Rucksack und Stirnlampe in ca. 4:00 h.